Osteopathie-Begriffe kurz erklärt

19.03.24
Osteopathie ist eine ganzheitliche Heilmethode, bei der die Therapeuten rein mit ihren Händen arbeiten.
Osteopathen arbeiten nur mit ihren Händen – und manchmal auch mit Fachbegriffen. Foto: BVO

Wir erklären Ihnen hier ein paar gängige Begriffe, die im Kontext mit der Osteopathie und osteopathischen Texten immer wieder verwendet werden. Auch eine Definition von Osteopathie, was sie ist und was sie leistet, finden Sie im folgenden Glossar.

Osteopathie

Osteopathie geht auf den US-amerikanischen Arzt Andrew Taylor Still zurück und wurde in den 1870er Jahren zum ersten Mal von ihm eingesetzt. Mittlerweile hat sich die Osteopathie als Heil- und Behandlungsmethode weiterentwickelt und weitere osteopathische Techniken in ihren Handwerkskoffer integriert.

Der BVO definiert die Osteopathie wie folgt:

Osteopathie fokussiert sich auf den gesamten Patienten und sucht nach Veränderungen in allen Arten von Gewebestrukturen.Durch manuelles Aktivieren, Bewegen und zueinander Führen sämtlicher Systeme des Körpers (Faszien, Skelett, Muskeln, Organe, Nervensystem, Blutkreislauf, Stoffwechsel) werden vorhandene Einschränkungen ursächlich und umfassend beseitigt.

Parietale Osteopathie

Die parietale Osteopathie fasst die Behandlung am kompletten Bewegungsapparat bzw. des gesamten Skelettsystems zusammen.

Hier greift der Osteopath also z.B. in die Funktionskette der verschiedenen Körperbereiche (Arme, Rumpf, Kopf, Beine, Wirbelsäule etc.) ein. Mit speziellen Techniken versucht er hier Verspannungen und Verklebungen (z.B. im Bereich der Faszien) zu lösen, damit die Bewegung wieder „rund“ abläuft und keine Schmerzen entstehen.

Viszerale Osteopathie

Die viszerale Osteopathie fasst alle Behandlungen zusammen, die sich auf die inneren Organe (wie Darm, Herz, Blase, etc.) konzentrieren.

Der Osteopath geht hier mit Fingerspitzengefühl vor, denn mit seinen geschulten Händen kann er auch hier Blockaden, Verspannungen oder Verklebungen erspüren und diese mit den entsprechenden Techniken lösen. So wird eine freie Beweglichkeit der Organe und Gewebe im Körper sichergestellt.

Kraniosacrale Osteopathie

Die kraniosacrale Osteopathie (auch „craniosakral“) befasst sich in erster Linie mit den Strukturen vom Schädel bis hin zum Kreuzbein. Sie geht auf William Garner Sutherland zurück, der sie in den 1930er Jahre entwickelte.

Im Fokus steht der Schädel, der aufgrund der embryonalen Entwicklung in unterschiedliche Platten unterteilt ist und sich erst im Laufe des Erwachsenwerdens innerhalb der sogenannten Suturen (Verbindungslinien) zusammenfügt und den Schädel bildet. Innerhalb dieser Suturen ist Bewegung möglich, wenn auch nur sehr wenig.

Auch hier greift der Osteopath mit sanften Handgriffen und speziell auf diese empfindliche Region abgestimmte Techniken ins System ein, um jene Störungen und Dysfunktionen zu lösen.

Anamnese

Die Anamnese ist die Krankengeschichte eines Patienten. Sie umfasst also alle medizinisch wichtigen Untersuchungen (inkl. deren Ergebnisse), Vorfälle (wie Unfälle, Traumata, Erlebnisse) und die Lebensgeschichte einer jeden Person.

Besonderes Augenmerk legen Osteopathen hierbei auf die ganzheitliche Betrachtung. Denn: Ein verstauchter Knöchel kann beispielsweise Folgen haben, die sich z.B. in Rückenschmerzen äußern können. Auch Probleme mit dem Darm können mit Rückenschmerzen und den dort ansässigen Nerven in Verbindung stehen. All dies beachtet der Osteopath während des ersten Gesprächs mit dem Patienten.

Dysbalance

Mit Dysbalancen meint der Osteopath, dass gewisse Prozesse und Teile im Körper nicht im Gleichgewicht sind. Diese versucht er mit Hilfe der Osteopathie zu behandeln und zu lösen.

Dysfunktion

Eine Dysfunktion ist ein Ablauf oder eine Funktion innerhalb des körpereigenen Organismus, der/die nicht so funktioniert wie er sollte.

Eine Dysfunktion kann z.B. eine Blockade am Fuß, innerhalb des Sprunggelenks oder der Fußwurzelknochen, sein. Auch Schmerzen im Kniegelenk aufgrund einer fehlerhaften Spannung der Beinmuskulatur bzw. der zugehörigen Bänder mit Beteiligung des Meniskus können eine Dysfunktion darstellen.

Faszien

Faszie wird die bindegewebsartige Hülle genannt, die unsere Muskeln und auch Organe umgibt. Faszien sorgen dafür, dass die einzelnen Einheiten (wie Muskeln oder Organe) getrennt voneinander und reibungslos „arbeiten“ können. Ohne diese gäbe es einen „Organklumpen“ und bspw. keinen Waschbrettbauch oder definierte Arm- oder Beinmuskeln. Sie sind auch wichtig für die Versorgung und Struktur unserer einzelnen Körperbestandteile.

Sind sie in ihrer Funktion eingeschränkt oder zu sehr verklebt, kann dies den reibungslosen Ablauf der betreffenden Regionen beeinträchtigen und ggf. auch zu Schmerzen führen.

Praxis-Tipp

Probieren Sie folgendes: Stellen Sie sich gerade hin. Beugen Sie sich nun nach vorn (Beine sind durchgedrückt) und schauen Sie, wie weit sie mit den Fingerspitzen Richtung Zehenspitzen kommen. Nutzen Sie eine Faszien-Rolle, um das Bindegewebe Ihrer Beinmuskulatur anzuregen und zu „entkleben“. Rollen Sie ganz langsam, wie in Zeitlupe (ca. 1 cm pro Sekunde), vom Fuß aus Richtung Gesäß. Sie verschieben damit Körperflüssigkeiten Richtung Herz, allen voran Hyaluronsäure, wo diese besser abtransportiert werden und frische besser nachfließen können.

Wiederholen Sie nun die Übung. Sie werden sehen, dass Ihre Fingerspitzen schon deutlich weiter in Richtung Zehenspitzen wandern werden.

Es gibt hierzu auch bezuschusste Kurse der ZPP z.B. in Ihrer Physiotherapie, die Ihnen zeigen, was Sie bzgl. Ihrer Faszien zu beachten haben.

Funktionskette

Mit Funktionskette meint der Osteopath bspw. zusammenhängende Bewegungsmuster, die einer bestimmten Funktion dienen.

Bspw. erfordert der Geh-Vorgang mehrere Muskel- und Knochengruppen: vom Fußgelenk, zum Oberschenkel-Muskel bis zum Hüftbeuger. Ist der Ablauf bei dieser Bewegung gestört, ist die dazugehörige Funktionskette betroffen. D.h. der Osteopath schaut sich hier also genau Ihre Füße, Beine und Hüfte an, ggf. auch den Rücken, die Wirbelsäule und die Arme, um den „Störpunkt“ bzw. die Ursache für die Störung zu finden und damit auch zu lösen.

Harmonisierung des Gewebes

Hauptziel der Osteopathie ist es, sämtliche Gewebearten so zu behandeln, dass der Körper es selbst schafft sich zu „normalisieren“ bzw. „harmonisieren“.

„Normal“ ist keine fest definierte Einheit und kann für jeden Menschen bzw. für jeden Körper unterschiedlich sein. Es bedeutet, dass der Körper mit sich im Einklang ist und ein harmonisches Verhältnis zwischen sämtlichen Körperstrukturen herrscht, sodass evtl. auftretende Probleme vom Körper selbst reguliert werden können.

Der Osteopath ist in diesem Fall lediglich ein Katalysator, ein Beschleuniger, sozusagen ein „Mittel zum Zweck“, damit der Körper dies selbst in den Griff bekommen kann. Er informiert an den Stellen, die er fühlt und regt den Körper an, dort aktiv zu werden. Das ist oft nicht am Ort des Problems und damit der grundlegende Unterschied zur Physiotherapie.

Krankenkassen-Erstattung für osteopathische Behandlungen

Die osteopathische Behandlung müssen Sie i.d.R. zunächst selbst zahlen – sie ist eine sogenannte „Selbst-Zahler-Leistung“. Mittlerweile bezuschussen viele gesetzliche Krankenkassen jedoch Ihren Osteopathie-Besuch. Wir raten Ihnen daher, sich vorab bei Ihrer Krankenkasse zu erkundigen unter welchen Modalitäten sie Ihre Osteopathie-Behandlung erstattet.

Manuelle Technik

Hier steckt das Wort „manus“ = „Hand“ im Begriff. Wenn Osteopathen von einer manuellen Technik sprechen, dann meinen sie spezifische Techniken und Handgriffe, die sie rein mit ihren Händen ausführen. Die Handgriffe können je nach Technik und Behandlungsort unterschiedlich sein.

In der Regel sind dies allerdings sanfte Techniken der Osteopathie, die den Organismus und seine Regenerationsfähigkeit anregen.

Bitte nicht mit der Therapieform „Manuelle Therapie“ (s.u.) verwechseln!

Manuelle Therapie

Die manuelle Therapie, auch MT abgekürzt, ist eine Zusatzausbildung innerhalb der Physiotherapie und spezifiziert Techniken, die lokal am Ort des Schmerzes, des Problems, meist an Gelenken, angewandt werden.

Die Osteopathie betrachtet im Unterschied zur MT den ganzheitlichen Zusammenhang zum restlichen Körper innerhalb des Systems.

Recoil-Technik

Ein Recoil ist ein kurzer, intensiver Impuls gegen den Widerstand im Gewebe. Ziel ist eine Fixierung (z. B. Verklebung, Blockade, Mindermobilität etc.) zu lösen.

Unwinding

Unter „Unwinding“ versteht man ein „Freidrehen“ des Gewebes.

Hierbei wird ein sanfter Druck mit möglichst tiefem Kontakt zum Gewebe aufgebaut, um Widerstände bzw. Spannungen zu lösen. Die Hand des Therapeuten gibt dem Gewebe Halt bzw. Widerlager, an dem sich das Gewebe „entzerren“ bzw. „entdrehen“ kann, was ohne Gegenspannung von außen so nicht möglich wäre.


Interessantes über den/die Autoren


Godehard Stoll, Vorstand des BVOs

Godehard Stoll

Der Physiotherapeut Godehard Stoll ist seit 1994 in eigener Praxis in Regenstauf tätig. Der Schwerpunkt seiner Praxis liegt auf der Neuro-Orthopädie. Seit 2004 ergänzt die Osteopathie sein Behandlungsspektrum.

In den knapp 30 Jahren seiner Selbstständigkeit hat er sich kontinuierlich fortgebildet, u.a. in Manueller Therapie, Neurophysiologie, Kinderosteopathie und zum Sektoralen Heilpraktiker für Physiotherapie.

Godehard Stoll ist Physiotherapeut und Osteopath mit Leib und Seele. In seiner Praxis ist er v.a. für die Nachbehandlung konservativer und postoperativer orthopädischer und neurologischer Patienten tätig. Sowohl Kinder als auch Erwachsene zählen dazu.

Er hält Vorträge über Osteopathie für Patienten und ist Prüfungsbeisitzer bei klinischen Osteopathie-Prüfungen.

Seit 2018 ist er Vorstand im Bundesverband Osteopathie e.V. – BVO.

 

Kontakt:
godehard.stoll@bv-osteopathie.de
www.krankengymnastik-stoll.de
www.osteopathie-regenstauf.de

Jacqueline Damböck, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des BVOs

Jacqueline Damböck

Von Kindesbeinen an hat Jacqueline Damböck mit Gesundheitsthemen zu tun: Aufgewachsen in einer Massagepraxis und später Physiotherapie hat sie sich daneben schon immer für Medien und den Journalismus interessiert. Nach der kaufmännischen Ausbildung im Verlag absolvierte sie daher das Ressortjournalismus-Studium mit Schwerpunkt Medizin und Biowissenschaften an der Hochschule Ansbach.

Im Anschluss sammelte Sie Erfahrungen als Fachredakteurin, freie Journalistin und Werbetexterin. Bevor sie zum BVO wechselte war sie Chefredakteurin der CO.med.

 

Kontakt:

presse@bv-osteopathie.de