Osteopathie im Einsatz bei Trauma und Unfallfolgen

11.05.23
Mit Osteopathie Traumaschmerzen auflösen
Ein Trauma kann viele Ursachen haben – dazu zählen nicht nur Unfälle, sondern auch zum Beispiel psychische Belastungen wie eine Fehlgeburt. Foto: Photographee.eu – stock.adobe.com

Ein Autounfall, ein Notkaiserschnitt, Mobbing in der Schule oder ein Sturz beim Sport: Es gibt unzählige Ereignisse, die ein Trauma bei Menschen auslösen können. Viele werden jedoch nicht erkannt, sogar über Jahre verschleppt und lösen so permanenten Stress im Nervensystem aus. Traumasensible Osteopathie kann helfen, diese Blockaden zu orten und Schmerzen zu lindern.

Unser Körper ist wie eine Landkarte seiner eigenen Geschichte. Eigenheiten, Narben und Strukturen erzählen von unserer Vergangenheit, von Erlebtem, das schon längst vergessen scheint. Doch bei einigen Menschen löst die Vergangenheit Traumafolgen aus. Verspannungen, Blockaden, Phantomschmerzen oder sogar psychische Leiden sind die Folge. Der Stress wirkt auf das Nervenkorsett: Chronische Schmerzen, diffuse Leidensbilder und eine starke emotionale Belastung sowie ein gestörtes Selbstvertrauen der Patienten können Folgen sein.

In den vergangenen Jahren rückt die Behandlung mit traumasensibler Osteopathie immer mehr in den Fokus, bekommt durch die Forschung eine fundierte Grundlage und wird zunehmend auch von Psychotherapeuten und Ärzten zu klassischen Therapien hinzugezogen.

Was ist ein Trauma?

Die WHO definiert Trauma als ein kurzes oder langanhaltendes Ereignis von außergewöhnlicher Bedrohung. Die Folge sind schwerwiegende Verletzungen – sowohl körperlicher als auch seelischer Art. Die deutschsprachige Gesellschaft für Psychotraumatologie (DeGPT) spricht von einer „seelischen Verletzung“ zu der es bei einer Überforderung der psychischen Schutzmechanismen kommt.

Traumafolgestörungen sind ein Ausdruck des Körpers, Alarm zu schlagen: Es findet eine Entfremdung des eigenen Körpers statt, das Gleichgewicht von Nerven und Bewegung ist gestört, die Patienten fühlen sich weniger im Hier und Jetzt verankert. Undefinierbare Schmerzen, Angstzustände, Unruhe bis hin zu Psychosen können die Folge sein.

Osteopathen wie Detektive auf der Suche nach den Ursachen
Oft zeigt sich bei Trauma-Patienten ein diffuses Schmerzbild. So begeben sich Osteopathen wie Detektive auf die Suche nach den Ursachen. Foto: BVO

Schätzungen zufolge machen etwa 75 % der Bevölkerung weltweit während ihres Lebens eine traumatische Erfahrung. Ein Drittel zeigt Folgestörungen, wobei Frauen doppelt so stark betroffen scheinen als Männer, da ihre Resilienz aufgrund körpereigener Hormone und Botenstoffe als geringer eingestuft wird.

Was sind häufige Trauma-Ursachen?

  • Unfälle oder Stürze
  • Komplizierte Geburten oder Fehlgeburten
  • Vernachlässigung in der Kindheit
  • Gewalt und Missbrauch
  • Bindungsverlust und Tod eines nahen Menschen
  • Operative Eingriffe 
  • Amputationen und Quetschungen
  • Krebserkrankungen  
  • Naturkatastrophen, Kriege, Flucht

Traumasensible Osteopathie

Bei der Traumasensiblen Osteopathie wird wie in der klassischen Behandlung der Mensch mit all seinen Eigenheiten als Ganzes gesehen. Die Selbstheilungskräfte der Patienten werden wie immer angeregt.

Allerdings treten bei Trauma-Patienten Schmerzen oft an anderen Stellen auf als dort, wo zum Beispiel ein Unfall einen Knochen gebrochen oder ein Körperteil gequetscht hat. Nach Amputationen kann es zu Phantomschmerzen kommen, bei denen das fehlende Körperteil vom Nervensystem immer noch als vorhanden wahrgenommen wird.

Bei seelischen Verletzungen zeigt sich das Schmerzbild noch diffuser – der Osteopath begibt sich ähnlich eines Detektives auf die Suche nach Zusammenhängen, die teilweise jedweder Logik der Anatomie entbehren. Kurzum: Körperliche Symptome können auch eine psychoemotionale Ursache haben.

Traumasensible Osteopathie setzt verstärkt am vegetativen Nervensystem an, integriert das Faszien- und Organgeflecht bis hin zum Hormonhaushalt und den Bewegungsapparat, um Trauma-Erlebnisse besser verarbeiten zu können.

Traumasensible Osteopathie
Oft fällt es denen, die ein Trauma erlebt haben, schwer darüber zu sprechen – insbesondere, wenn die Verletzungen tief (in der Seele) sitzen. Foto: STUDIO GRAND WEB – stock.adobe.com

Dem Körper wird durch ein Trauma mehr zugemutet als er verarbeiten kann. Dadurch ist der Körper in einer Art psychischem Dauerlauf, der zu Stressreaktionen führt. Die Schmerzen in Muskulatur und Gelenken, an Organen oder Hautpartien sind wie ein Katalysator für das Erlebte: Das Trauma bahnt sich einen Weg an die Oberfläche.

Traumasensible Osteopathen versuchen einen Zusammenhang zwischen dem Trauma-Ereignis und körpereigenen Reaktionen herzustellen. Neben Schmerzen können dies starkes Schwitzen, Angstzustände, ein erhöhter Puls, Atemprobleme oder auch Tinnitus, Zähneknirschen oder Hautkrankheiten sein.

Trauma als Tabu

Traumafolgen sind auch deshalb so schwer zu erkennen, weil die Betroffene nicht über das Thema sprechen können. Besonders bei Gewalt und Missbrauch in der Kindheit sitzen die Verletzungen zu tief. Psychotherapeuten führen die Patienten langsam in Richtung des Erlebten, bis sie mit der Konfrontation der Ereignisse arbeiten. Für diese teilweise emotional harte Methode ist in der Osteopathie weniger Platz.

Die Osteopathie kann ein Baustein sein.
Die Osteopathie kann ein (Bau-)Stein sein, um wieder zur inneren Balance zu finden. Foto: Aleksandr Simonov – stock.adobe.com

Der Osteopath geht einen sanfteren Weg, in dem er dem Patienten einen geschützten Raum für seine Emotionen lässt. Das kann allein der Fakt sein, dass der Therapeut die undefinierbaren Schmerzen als vorhanden und gravierend betrachtet und nicht abtut, weil sie nicht anatomisch zu erklären sind. Den Trauma-Patienten ernst zu nehmen, auch wenn die Logik fehlt, seine Schmerzen anzunehmen und sich Stück für Stück vorzuarbeiten – ohne Wertung (!) – ist einer der wesentlichen Aspekte der Traumasensiblen Osteopathie.

Perfektionismus als Symptom

Ein häufiges Symptom nach erlebten, jedoch nicht verarbeiteten Traumata ist der Hang zu Perfektionismus. Alles richtig, besser, schöner zu machen, kann ein Ventil für ein traumatisches Erlebnis sein.

Dem Perfektionismus als Traumafolge liegt häufig eine gestörte Selbstliebe und nicht vorhandene köpereigene Akzeptanz zugrunde. Das Gefühl, nicht wichtig zu sein, verfolgt die Patienten. Sie haben Angst, etwas falsch oder nicht gut genug zu machen. Der Selbstwert ist durch das Trauma so verletzt, ja geradezu zerstört, dass für diese Menschen Perfektionismus der einzige Weg ist, Anerkennung und die damit für sie verbundene Liebe zu erfahren.

Die Angst vor einem Bindungsverlust sitzt tief. So tief, dass die Patienten versuchen es allen recht zu machen. Dieser permanente Drang bis zur Aufopferung erzeugt wiederum Stress in der Seele. Die wahren Gefühle – zum Beispiel die Angst nicht geliebt zu werden – werden unterdrückt. Die Emotionalität ist bei diesen Menschen groß. Schon eine kleine Kritik erschüttert ihr Selbstbild und die Beziehung zu anderen.

Auch hier kann Osteopathie zur Entspannung beitragen und die Balance im Körper wiederherstellen. Oft geht den Behandlungen ein „Emotional Release“ mit Tränen, Weinkrämpfen, Alles-von-der-Seele-Sprechen voraus. Ein Damm bricht, die wahren Gefühle bzw. Verletzungen treten zutage und stellen einen ersten Schritt in Richtung Besserung dar.

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Interessantes über den/die Autoren


Birgit Reiter

Ihre Physiotherapie-Ausbildung hat Birgit Reiter an der Universitätsklinik Frankfurt, Stiftung Friedrichsheim, abgeschlossen und konnte dort im Fachbereich Pädiatrie (Kinderheilkunde) auch viel Erfahrung im Umgang mit und im Behandeln von Frühgeborenen, Neugeborenen und Kleinkindern sammeln.

Nach Ihrer Osteopathie-Ausbildung an der IAO, erlangte sie den universitären Abschluss „Master of Science“ in Österreich und hat 2008 ihre Heilpraktiker-Prüfung erfolgreich abgelegt. Ihr Wissen erweiterte sie u.a. mit zusätzlichen Ausbildungen im Bereich der Kinderosteopathie und der Biodynamischen Osteopathie.

Seit 2008 arbeitet Birgit Reiter in eigener Praxis. Zusätzlich war sie drei Jahre lang, neben der Praxistätigkeit, auch als Dozentin/Assistentin für die International Academy of Osteopathy an verschiedenen Standorten in Europa tätig.

Birgit Reiter, M.Sc. Ost., ist staatlich anerkannte Osteopathin, Heilpraktikerin und staatlich anerkannte Physiotherapeutin. Ihr wichtigstes Wirkungsfeld zeigt sich mit wachsender Berufserfahrung im Bereich der körperlichen und/oder seelischen Trauma-Arbeit.

 

Kontakt:

info@osteopathie-reiter.de
www.osteopathie-reiter.de

Anja Reinhardt

Seit 2016 führt Anja Reinhardt eine eigene PR- und Contentagentur im Hotel-, Tourismus- und Gesundheitsbereich. Schon während ihres Studiums der Kommunikationswissenschaften mit Schwerpunkt Public Relations hat sie erste Erfahrungen im PR-Bereich gesammelt. Danach war sie u.a. bei der Bayern Tourismus Marketing GmbH und als stv. Geschäftsführerin des Oberbayern München Tourismus e.V. tätig. Online-Texte, PR-Konzepte und Social Media sind ihr täglich Brot – inkl. einem besonderen „G’spür für Geschichten“.

Für den BVO-Blog „Osteopathie Magazin“ schreibt Anja Reinhardt schon seit 2018.

 

Kontakt:
presse@bv-osteopathie.de