Osteopathie in der Schwangerschaft – das rät die BVO-Expertin
29.07.24Eine Schwangerschaft verändert nicht nur das Leben der werdenden Eltern, sondern vor allem auch den Körper der Frau. Viele Schwangere plagen sich mit der hormonellen Umstellung, Übelkeit und Schmerzen. Die Heilpraktikerin Ira Beliczey hat sich in ihrer Praxis „Therapiezentrum Hafenkante“ u.a. auf Schwangere spezialisiert und wendet die Osteopathie an, um ihre Patientinnen bestmöglich bei Beschwerden zu begleiten.
Woher kommen Rückenschmerzen während der Schwangerschaft?
Jede dritte Schwangere leidet laut Statistik unter Rückenschmerzen. Ihnen wird häufig von einer Behandlung abgeraten. „Eine Frau sollte aber nicht mit Schmerzen oder Beschwerden durch ihre Schwangerschaft gehen“, findet Heilpraktikerin Ira Beliczey, die seit 2016 in der eigenen Osteopathiepraxis in Münster tätig ist.
Oft lässt die Muskelkraft der Patientinnen in dieser Zeit nach, beispielsweise, weil sie sich aufgrund des wachsenden Bauches weniger bewegen können oder durch die Umstellung der Hormone. „Sofern es keine Risikofaktoren gibt, sollten Schwangere unbedingt weiter Sport treiben“, rät Ira Beliczey. Die Betätigung hilft, dass die Muskeln und das Gewebe weiterhin beweglich und kräftiger bleiben.
Außerdem können noch andere Ursachen in Betracht kommen:
- Operationsnarben
- Endometriose
- Darmerkrankungen
- chronische Blasenentzündungen
All diese „Vorerkrankungen“ im Bauchraum können das Wachstum der Gebärmutter behindern. Durch vermehrten Zug an den Mutterbändern kann das auch wiederum die Rückenschmerzen verstärken. „Das können wir mit speziellen osteopathischen Techniken aber sehr gut beeinflussen.“
Weitere Beschwerden während der Schwangerschaft
Symphysenschmerzen seien jedoch die stärksten Beschwerden ihrer Patientinnen. „Die Symphyse ist eine knorpelige Verbindung zwischen zwei Knochen, in dem Fall der Schambeinfuge, die durch die hormonelle Veränderung während der Schwangerschaft extrem instabil werden kann“, erklärt die Expertin. Treppen steigen und sogar laufen sind in schweren Fällen kaum noch möglich.
Auch hier findet Beliczey mit der Osteopathie einen Ansatz, um die Frauen durch diese Zeit zu begleiten. „Betroffene sollten sich allerdings so schnell wie möglich in Behandlung begeben“, empfiehlt sie.
Ab wann kann Osteopathie in der Schwangerschaft sinnvoll sein?
Die Osteopathie ist eine manuelle und sanfte Heilmethode. Osteopathen arbeiten ohne Medikamente und nur mit ihren Händen. Studien haben ergeben, dass sie daher nahezu nebenwirkungsfrei ist.
„Wir können bei Schmerzen unterstützen, wie etwa im Rücken, Becken oder bei Kopfschmerzen“, weiß Ira Beliczey. „Und auch bei jeder Art von Problemen mit dem Bauch: ist er zu fest bzw. hart, hat die Schwangere ein Druckgefühl nach unten oder eine vorzeitige Wehentätigkeit. Natürlich immer in Absprache mit dem behandelnden Arzt.“
Dabei hat der Osteopath immer Kontraindikationen und andere mögliche Ursachen im Kopf. In der Regel wird er die Patientin dahingehend darüber informieren und so eine geeignete Lösung finden. „Unser Vorteil ist, dass wir viel Zeit mit den Patientinnen haben“, so Beliczey. „Und dadurch viele Faktoren wie zum Beispiel Stressauslöser, Ernährung, Schlafstörungen und ähnliches abfragen können. Hinzu kommt natürlich auch unsere ganzheitliche Sicht auf den gesamten Körper.“
Wo ist der nächste Osteopath?
In Deutschland sind etwa 10.000 Osteopathen tätig. Da die Ausbildung nicht gesetzlich geregelt ist, sollten Patienten einen genauen Blick auf die Therapeuten werden. „Ich würde zuerst meine Hebamme fragen“, sagt Beliczey. „Die wissen meistens, welche Osteopathen viel mit Schwangeren arbeiten. Sie sind oft eng mit den Hebammen und Gynäkologen vernetzt.“
„Achten Sie aber unbedingt auf die Ausbildung“, ergänzt Christine Berek, 1. Vorsitzende des Bundesverbands Osteopathie e.V. – BVO. „Wir empfehlen daher, die Therapeutenliste der großen Osteopathieverbände wie dem BVO aufzusuchen. Ist der Osteopath oder die Osteopathin darauf zu finden, können sich Patienten sicher sein, dass diese eine qualifizierte Ausbildung nach internationalen Kriterien absolviert haben.“
Ira Beliczey fügt hinzu: „Am besten sind und bleiben ebenso die guten Erfahrungen – zum Beispiel von Freundinnen.“
Experten-Tipps für Schwangere
Aus der jahrelangen Praxis weiß BVO-Mitglied Ira Beliczey, was Frauen gegen ihre Beschwerden während der Schwangerschaft tun können, beziehungsweise was sie dabei unterstützen kann.
Versorgung von Mikronährstoffen abklären lassen
So sind Mikronährstoffe wie Magnesium, Omega-3-Fettsäuren und Vitamin C ein solcher Baustein. „Die Werte sollten unbedingt mit dem behandelnden Gynäkologen, der Hebamme und/oder der Osteopathin besprochen werden, je nachdem, wer sich gut mit der Messung und Therapie dieser Stoffe auskennt.“
Daher empfiehlt Ira Beliczey, dass Frauen idealerweise schon vor der Schwangerschaft auf eine gesunde Ernährung achten sollten. „Vor allem, wenn bereits Vorerkrankungen, Mängel oder Autoimmunerkrankungen bestehen, sollten sich Frauen mit Kinderwunsch um die nötige Mikronährstoff-Versorgung kümmern.“
Stress vermeiden
Stress ist einer der größten Risikofaktoren für Erkrankungen in unserer Zeit. Nach Erkenntnissen des französischen Arztes und Geburtshelfers Dr. med. Michel Odent kann dieser vor allem auch Schwangere und deren Ungeborenes negativ beeinträchtigen. „Daher ist es mir ein Anliegen, die Frauen entsprechend aufzuklären und ihnen aufzuzeigen, welche Umstände und Komponenten noch eine Rolle spielen“, erläutert die BVO-Expertin.
Bewegen und Sport machen
Bewegung und Sport gehören auch zu den Dingen, die Frauen bereits präventiv, aber auch während der Schwangerschaft tun sollen. Allerdings vor allem während der 9 Monate in einem angemessenen Rahmen. Osteopathische Behandlungen können in diesem Zusammenhang bereits vorab hilfreich sein, weiß Ira Beliczey: „Beispielsweise, wenn die Frau unter gynäkologischen Vorerkrankungen leidet, Probleme mit dem Verdauungstrakt hat (z.B. Reizdarm) oder auch bereits eine Operation im Bauch- oder Beckenbereich hatte.“ Bei letzterem kann es zu Verklebungen im Narbenbereich führen, die mit osteopathischen Techniken gelöst werden können.
„Und vor allem: Nehmen Sie keine Beschwerden in der Schwangerschaft hin!“
Quellen:
[1] Ratgeber Nerven
[2] Degenhardt BF, Johnson JC, Brooks WJ, Norman L. Characterizing Adverse Events Reported Immediately After Osteopathic Manipulative Treatment. J Am Osteopath Assoc. 2018 Mar 1;118(3):141-149. doi: 10.7556/jaoa.2018.033. PMID: 29480914.
[3] Präsentation „Osteopathie in der Schwangerschaft – Grundlagen und bewährte Techniken“, Ira Beliczey
Interessantes über den/die Autoren
Ira Beliczey
Ira Beliczey ist Physiotherapeutin und Manualtherapeutin.
Sie hat ihr Studium der Osteopathie an der International Academy of Osteopathie in Gent 2007 abgeschlossen. Heilpraktikerin ist sie seit 2012. Vor 2 Jahren schloss sie außerdem ihre Ausbildung in Orthomolekularer Medizin beim Forum Orthomolekulare Medizin (FOM) ab. 2023 hat sie mit ihrer Kollegin Daniela Schwering das Konzept „ofm – Osteopathie & funktionelle Medizin“ entwickelt und das Institut für Osteopathie und funktionelle Medizin gegründet. (u.a. Fortbildungen zum Thema Mikronährstoffe in der Schwangerschaft und Stillzeit).
Mit ihrer Praxis ist sie Kooperationspartner des Endometriose Zentrums Münsterland.
Kontakt:
Ira Beliczey – Therapiezentrum Hafenkante, Münster
www.tz-hafenkante.de
kontakt@osteo-hafenkante.de
www.ofm-muensterland.de
www.institut-ofm.de
Jacqueline Damböck
Von Kindesbeinen an hat Jacqueline Damböck mit Gesundheitsthemen zu tun: Aufgewachsen in einer Massagepraxis und später Physiotherapie hat sie sich daneben schon immer für Medien und den Journalismus interessiert. Nach der kaufmännischen Ausbildung im Verlag absolvierte sie daher das Ressortjournalismus-Studium mit Schwerpunkt Medizin und Biowissenschaften an der Hochschule Ansbach.
Im Anschluss sammelte sie Erfahrungen als Fachredakteurin, freie Journalistin und Werbetexterin. Bevor sie zum BVO wechselte war sie Chefredakteurin der CO.med.
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