Rückenschmerzen und Osteopathie – auf’s Fundament kommt es an
16.09.24Dreiviertel der Patienten von Ines Sack kommen mit Rückenschmerzen in ihre Osteopathie-Praxis. Die Physiotherapeutin und Heilpraktikerin mit qualifizierter osteopathischer Ausbildung ist in eigener Praxis im fränkischen Mainleus bei Kulmbach tätig. Meist rühren die Probleme daher, dass die Patienten sich zu wenig oder falsch bewegen. „Häufig tauchen die Rückenbeschwerden aber auch in Kombination mit psychischem Stress auf“, weiß das BVO-Mitglied.
Osteopathie für Rückenschmerzen – auch schon für Jugendliche?
Rückenschmerzen – eine Alterserscheinung? „Nein“, sagt Ines Sack, zu deren Praxis-Schwerpunkten die Behandlung von Rücken- und Schulterbeschwerden mit der Osteopathie sind. „Zu mir kommen alle Altersstufen – sogar schon Jugendliche.“ Dabei fällt ihr eines auf: „Meine Patienten haben bereits chronische Schmerzen, doch plötzlich werden diese akut bzw. empfinden sie den Schmerz dann anders oder intensiver.“ In ihrer Praxis behandelt Ines Sack überwiegend osteopathisch.
Studien zur ganzheitlichen Behandlungsmethode brachten vor allem für den Bewegungsapparat positive Ergebnisse zutage: So konnten in vielen Untersuchungen die Schmerzen durch eine osteopathische Behandlung sehr gut gesenkt werden – und das mit kaum Nebenwirkungen. [1] Aber auch bei unspezifischen Rückenschmerzen [2], Schmerzen im unteren Rücken [3] und bei chronischen Schmerzen [4] belegen Studien, dass die Osteopathie hier zu einer Verbesserung der Schmerzen beitrug.
So geht der Osteopath bei (chronischen) Schmerzen im Rücken vor
Eine Osteopathie-Behandlung beginnt in der Regel mit einer genauen Anamnese. Denn, wo der Schmerz auftaucht und wo seine Ursache liegt – das muss nicht immer übereinstimmen. Daher versucht Ines Sack genau zu klären, was die Schmerzen auslöst, was den Patienten guttut (z.B. Wärme oder Bewegung) und welche Faktoren des Weiteren eine Rolle spielen. „Ich analysiere den Allgemeinzustand, also frage zum Beispiel, ob der Patient noch andere Beschwerden hat, ob es Stressfaktoren gibt, wie sein Schlaf ist, welchen Beruf und Hobbys er nachgeht.“ Danach beginnt das BVO-Mitglied mit der körperlichen Untersuchung, prüft dabei die Statik und ob es Spannungen im Körper gibt. „Besonders konzentriere ich mich auf Füße und Beine, da bei Statikproblemen hier oft die Ursache liegt.“
Sobald sie ihre Anamnese abgeschlossen hat, behandelt sie vorwiegend mit osteopathischen Techniken – je nachdem kann das sogar am Bauch der Fall sein, da es hier zu Verklebungen kommen kann, die wiederum Rückenschmerzen begünstigen können. „Mir ist es wichtig, dass meine Patienten Eigenverantwortung für ihren Körper übernehmen. Daher empfehle ich jedem – abgestimmt auf seinen Zustand – ein paar Alltagsübungen als Hausaufgabe zu machen. Der Osteopath ist meiner Ansicht nach der Helfer auf dem Weg zur Eigenverantwortung für Körper und Gesundheit.“
Osteopathie – wie kann sie unterstützen?
„Osteopathie behandelt nicht nur das Symptom, also den Schmerz lokal am Schmerzort, sondern sucht die Ursache der Rückenschmerzen“, erläutert die Therapeutin. Daher betrachten Osteopathen den gesamten Körper, seine Bewegungsfähigkeit und auch die psychosoziale Situation der Patienten.
Findet der Osteopath eine Struktur, die sich negativ auf die reguläre Bewegung des Körpers auswirkt und so Fehlhaltungen begünstigt, löst er diese.
BVO-Mitglied Ines Sack erklärt das anhand eines Beispiels: „Nehmen wir an, Sie sind mit dem Fuß umgeknickt, sodass Ihr Sprunggelenk blockiert ist, was einen Einfluss auf Ihre Beinlänge hat. Aufgrund des Traumas ist das eine Bein ein bisschen kürzer als das andere. Im Becken muss das dann ausgeglichen werden – es ist also nicht mehr in der Waage, sondern auf einer Seite leicht gebeugt oder verdreht. Das hat wiederum Einfluss auf die Lendenwirbelsäule bis hinauf in die Kopfgelenke. Irgendwo dazwischen entstehen so plötzlich Rückenschmerzen – meist da, wo Sie vorher schon, vielleicht unbemerkt, Verspannungen oder eine Fehlstellung haben.“
Und so setzt der Osteopath dann genau am Ursprung an: dem Sprunggelenk, sodass der Rest dieser Kette keine Ausgleichsmechanismen mehr benötigt. „Bildlich gesprochen: Wenn das Fundament des Hauses nicht stabil ist, wird das Haus Risse bekommen. Sie können zwar die Risse zuspachteln, aber helfen wird das langfristig nicht. Die Lösung ist es, das Fundament zu korrigieren.“
Weitere Tipps – was rät die BVO-Expertin noch?
„Meiner Ansicht nach ist es wichtig, bei Rückenschmerzen nicht gleich den Teufel an die Wand zu malen. Katastrophisieren Sie die Schmerzen nicht, haben Sie keine Angst vor Bewegung und nehmen Sie die Hinweise bezüglich Bewegung, Haltung und Ernährung ernst, die Ihr Therapeut Ihnen mit auf den Weg gibt“, fasst Ines Sack zusammen. Im Praxisalltag begegnen ihr jedoch nur selten schwerwiegende Fälle – solche, die einen operativen Eingriff nach sich ziehen.
Wenn Patienten schon seit Jahren oder gar Jahrzehnten Beschwerden haben, ist es schwierig sie ganz vom Schmerz zu befreien. Es ist allerdings schon ein gutes Zeichen, wenn diese Patienten den Schmerz anders wahrnehmen, wenn sie sich dann besser bewegen, länger stehen, sitzen oder sich wieder bücken können. Es ist wichtig, dass auch diese kleinen Verbesserungen wahrgenommen werden. „Mit der Osteopathie schaffe ich die Voraussetzungen dafür, dass sich der Patient wieder besser oder überhaupt bewegen kann. Er muss aber auch selbst tätig werden“, resümiert Ines Sack.
Übungen für den Alltag
- Stellen Sie sich hin, dabei die Beine etwas mehr als hüftbreit auseinander. Kreuzen Sie die Arme vor der Brust – die Füße bleiben fest auf dem Boden. Drehen Sie dann mit dem Oberkörper ganz weit nach rechts und links, langsam im Wechsel – soweit, dass die Hüfte mit dreht und die Bewegung in den Knien und Füßen zu spüren ist. Die Füße bleiben dabei auf dem Boden, nicht abheben!
- Stellen Sie sich hin. Beugen Sie sich langsam mit gestreckten Beinen nach unten. Rollen Sie dabei Wirbel für Wirbel ab. Das Ziel wäre es, die Hände auf den Boden zu bekommen – das muss aber nicht sein. Versuchen Sie einfach, so weit wie möglich Richtung Boden zu kommen. Und dann langsam wieder Wirbel für Wirbel hoch kommen.
- Last but not least: Bewegung! Gehen Sie raus an die frische Luft! Gehen Sie spazieren – und wenn es in der Pause nur mal 10 Minuten sind. Hauptsache bewegen! Wechseln Sie Ihre Sitzposition – alles ist erlaubt, solange genug Wechsel drin ist. Sie dürfen auch mal „schief und krumm“ sitzen, mit überschlagenen Beinen oder im Schneidersitz. Solange Sie nicht immer in der selben Position sitzen und auch eine „gerade“ dabei ist.
Quellen:
[1] Gassner, L. und Hofer, V. (2022): Osteopathie: Wirksamkeit und Sicherheit bei Schmerzen des Bewegungs- und Stützapparates und Überblick über Ausbildungs- und Qualitätsanforderungen. HTA-Projektbericht 144.
[2] Franke H, Franke JD, Fryer G. Osteopathic manipulative treatment for nonspecific low back pain: a systematic review and meta-analysis. BMC Musculoskelet Disord. 2014 Aug 30;15:286. doi: 10.1186/1471-2474-15-286. PMID: 25175885; PMCID: PMC4159549.
[3] Licciardone, J.C., Brimhall, A.K. & King, L.N. Osteopathic manipulative treatment for low back pain: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. BMC Musculoskelet Disord 6, 43 (2005). https://doi.org/10.1186/1471-2474-6-43
[4] Dal Farra F, Risio RG, Vismara L, Bergna A. Effectiveness of osteopathic interventions in chronic non-specific low back pain: A systematic review and meta-analysis. Complement Ther Med. 2021 Jan;56:102616. doi: 10.1016/j.ctim.2020.102616. Epub 2020 Nov 13. PMID: 33197571.
Interessantes über den/die Autoren
Ines Sack
Ines Sack wurde im Jahr 1982 in Kulmbach geboren, ist in Kulmbach aufgewachsen und zur Schule gegangen. Auch heute noch lebt sie zusammen mit ihrem Mann und ihrem Hund in einem Ortsteil ihrer Heimatstadt.
Nach dem Abitur und der Ausbildung zur Rettungsassistentin beim BRK in Kulmbach begann sie 2004 die Ausbildung zur Physiotherapeutin und absolvierte direkt im Anschluss ein dreijähriges berufsbegleitendes Studium zum Bachelor of Science Physiotherapie. Besonders prägend war in dieser Zeit der erste Kontakt zur Osteopathie – das erste Jahr der sechsjährigen Osteopathie-Ausbildung war ebenfalls Teil des Studiums. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Bachelor-Studiums setzte sie diese am Deutschen Fortbildungsinstitut für Osteopathie (DFO) in Neutraubling fort.
Die Arbeit als angestellte Physiotherapeutin mit erfahrenen Kollegen, die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit anderen therapeutischen Berufsgruppen und die Tätigkeit als physiotherapeutische Leitung über mehr als zehn Jahre war eine wertvolle Erfahrung, die durch diverse Fort- und Weiterbildungen sowie das Ablegen der Heilpraktiker-Prüfung begleitet wurde.
Im Jahr 2017 erfolgte die Eröffnung der eigenen Physiotherapie- und Osteopathie-Praxis „sanus manu“ in Kulmbach. Die osteopathische Arbeit mit Kindern und Erwachsenen bildet inzwischen den Schwerpunkt ihrer täglichen Arbeit.
In ihrer Freizeit ist sie gern draußen in der Natur unterwegs und engagiert sich bereits seit vielen Jahren ehrenamtlich im Katastrophenschutz und der Einsatzleitung beim Bayerischen Roten Kreuz.
Kontakt:
sanus manu
Privatpraxis für Physiotherapie und Osteopathie
Ines Sack
info@sanus-manu.de
www.sanus-manu.de
Jacqueline Damböck
Von Kindesbeinen an hat Jacqueline Damböck mit Gesundheitsthemen zu tun: Aufgewachsen in einer Massagepraxis und später Physiotherapie hat sie sich daneben schon immer für Medien und den Journalismus interessiert. Nach der kaufmännischen Ausbildung im Verlag absolvierte sie daher das Ressortjournalismus-Studium mit Schwerpunkt Medizin und Biowissenschaften an der Hochschule Ansbach.
Im Anschluss sammelte sie Erfahrungen als Fachredakteurin, freie Journalistin und Werbetexterin. Bevor sie zum BVO wechselte war sie Chefredakteurin der CO.med.
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