INTERVIEW: „Natürlich bin ich mit Herzblut dabei“

21.02.18

Im fernen Pyeongchang kämpfen noch bis Sonntag Spitzenathleten aus aller Welt um olympische Medaillen. Mit vielen von ihnen fiebert die Münchner Osteopathin Marianne Martin mit. Seit 2001 ist sie selbstständig und betreibt zwei Physiotherapiepraxen mit Trainingstherapie in Ober- und Unterschleißheim. Als Mitglied im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) betreut sie die Sportler der Eiskunstlauf-Nationalmannschaft, zu der auch die frischgebackenen Olympiasieger Aljona Savchenko und Bruno Massot gehören. Marianne Martin ist Mitglied im Fachkreis „Sport und Osteopathie“ des Bundesverbands Osteopathie e.V. – BVO. Im Interview spricht sie über die Verbindung zwischen beiden Bereichen und ihr persönliches Olympiafieber.

Sie haben lange Zeit als leitende Physiotherapeutin im Rehazentrum Oberschleißheim gearbeitet. Vor fast 20 Jahren haben Sie sich dann für eine berufsbegleitende Ausbildung in Osteopathie entschieden – warum?

Um in unserem Beruf den täglichen Herausforderungen gewachsen zu sein, ist für mich die lebenslange Fortbildung unverzichtbar. Die Osteopathie bot für mich die optimale Ergänzung, um meinen Patienten eine möglichst umfassende Therapie und Beratung anzubieten. Die auch dadurch erworbene breite Fachkenntnis ist Grundlage für mein Selbstbewusstsein als Therapeutin. Bei komplexen Diagnosen vertrauen die Patienten auch deshalb auf meinen Rat.

Parallel dazu absolvierten Sie zudem eine Weiterbildung zur Sportphysiotherapeutin (DOSB). Wie kam es dazu?

Marianne Martin bei der Eiskunstlauf-Europameisterschaft in Moskau. Foto: privat

Privat interessiere ich mich schon immer für Sport. Bereits 1995 berief man mich als ehrenamtliche Betreuerin der Volleyball-Nationalmannschaft. In der Folge therapierte ich Tommy Haas und Barbara Rittner vom deutschen Tennisbund. Kurzzeitig war ich auch für den FC Bayern im Einsatz. Im Jahr 2000 lud mich die Deutsche Eislaufunion zur Betreuung des deutschen Eiskunstlauf-Nationalteams ein. Hier bot sich für mich der lang gehegte Wunsch, an internationalen Meisterschaften und Olympiaden teilzunehmen. Voraussetzung für die Arbeit beim Deutschen Olympischen Sportbund ist die Ausbildung zur Sportphysiotherapeutin (DOSB). Diese ergänzt hervorragend mein Fachspektrum und prägt wesentlich mein Renommee. Zudem ist sie ein Aushängeschild meines Unternehmens.

Welche Verbindung sehen Sie zwischen Sport und Osteopathie?

Die hohen Anforderungen im Spitzensport und beim DOSB an Betreuung und Therapie für internationale Spitzenathleten erfordern höchste Fachkompetenz. Sie verlangen nach einer zielsicheren Versorgung in der Vorbereitung und bei Wettkämpfen. Die Osteopathie bietet hier einen hervorragenden Behandlungsansatz.

Und wobei können Sie Ihre Athleten mit Osteopathie unterstützen?

Die Osteopathie bietet sich in vielen Bereichen an. Sowohl bei der Prävention als auch im akuten Verletzungsfall und bei langwierigen Beschwerden. In diesen Fällen ist die viszerale Osteopathie aus meiner Sicht jeweils unabdingbar als Ergänzung zur parietalen und faszialen Behandlung. In der Vorsorge blicken wir etwa auf die körperlichen Gegebenheiten der Athleten. Welche Bewegungsabläufe sind beispielsweise in welcher Intensität möglich. Denn Training und Wettkampf beanspruchen Muskeln, Sehnen oder Knochen und Gelenke enorm. Entstehen durch die hohen Anforderungen Dysfunktionen oder Fehlbelastungen, können Schmerzen und Verletzungen daraus resultieren. Bei Verletzungen setzen wir entlastende Techniken ein. Sie aktivieren die Versorgung an der Verletzungsstelle, bringen die funktionelle Bewegung in Gang und normalisieren die Bewegungsabläufe. Die Osteopathie schafft aus meiner Erfahrung deshalb gerade für Sportler einen optimalen Therapieansatz.

Wie nehmen die Athleten die Osteopathie an?

In den letzten Jahren ist die Nachfrage enorm gestiegen. Seitdem die Fußballnationalmannschaft 2006 einen Osteopathen eingesetzt hat, ziehen die anderen Spitzensportbereiche nach. Die Athleten wollen ebenfalls die bestmögliche Betreuung – damit geht auch der Ruf nach der Osteopathie einher.

Olympia in Pyeongchang – wie sehr fiebern Sie mit Ihren Athleten?

Natürlich bin ich mit viel Herzblut und Begeisterung dabei, auch wenn ich diesmal nicht selbst vor Ort bin. Für die Deutsche Eislaufunion sind zwei Teams mit je einem Arzt und einem Physiotherapeuten bei den großen Meisterschaften im Einsatz. Bei DM, EM, WM und Olympia wechseln wir uns ab. Nachdem ich in Turin 2006 und Sotschi 2014 dabei war, haben diesmal meine Kollegen die Ehre und Freude. Trotzdem sind es ganz besondere Momente auch für mich. Im vergangen Sommer haben eine Mitarbeiterin, die Sportwissenschaftlerin ist, und ich für unser Eiskunstlauf-Paar das Athletikprogramm erstellt. Wir waren deshalb besonders interessiert, welches Leistungsvermögen die beiden in Pyeonchang auf die Kufen bringen. Bei der Weltklasse Kür von Aljona Savchenko und Bruno Massot habe ich wie alle vorm TV gesessen und mitgefiebert. Ebenso wie die Kollegen vor Ort hatte ich Freudentränen in den Augen.

Welche Hilfe kann Osteopathie für leistungsorientierte Freizeitsportler aus Ihrer Sicht bieten?

Für Freizeitsportler gilt grundsätzlich der gleiche Behandlungsansatz für Prävention und Verletzungen. Die Osteopathie ist auch für sie eine hilfreiche und umfassende Behandlungsmöglichkeit. Das gilt besonders für jene Hobbyathleten, die ihren Sport äußerst leistungsorientiert betreiben. Viele orientieren sich bereits in Training, Ausstattung und Ernährung am Spitzensport. Warum nicht auch bei Umgang und Gespür für ihren Körper? Auch dort können sie von den Profis lernen und die Möglichkeiten der Osteopathie nutzen.



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